I. Einführung

Externes Wachstum erreicht eine Unternehmung durch Mergers & Acquisitions - durch Fusionen und Übernahmen. Der wirtschaftliche Erfolg einer M&A Transaktion ist immer auch von einer eleganten rechtlichen Gestaltung des Unternehmenskaufvertrages abhängig. Die bestmögliche Vertragsgestaltung des Unternehmenskaufvertrages hängt wiederum entscheidend von der professionell durchgeführten Due Diligence ab. Anders als das US-amerikanische Recht kennt das Deutsche Recht für den Kauf eines Unternehmens keine gesetzlich festgeschriebene Pflicht des Käufers zur Vornahme einer Due Diligence. Selbstverständlich ist aber auch in der deutschen und europäischen Transaktionspraxis die Durchführung einer an internationalen Standards orientierten Due Diligence die Regel. Der Unternehmenskäufer hat regelmäßig ein erhebliches Interesse daran, die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des von ihm als Kaufobjekt (Target) anvisierten Unternehmens in Erfahrung zu bringen. Neben den frei zugänglichen Informationen, die bei der Due Diligence selbstverständlich ermittelt und verwertet werden, wird der Käufer dem Verkäufer für die Durchführung der Due Diligence auch die Offenbarung sensibler Informationen über das Zielunternehmen abverlangen. Diesem schutzwürdigen Interesse des Käufers an den sensiblen und sensibelsten Informationen des zu kaufenden Unternehmens steht häufig das gegenläufige Interesse des Verkäufers an der Geheimhaltung gerade dieser Informationen entgegen. Das gilt insbesondere dann, wenn Kaufinteressent und Verkäufer direkte Wettbewerber sind. Scheitert in diesem Fall die M&A-Transaktion, muss der Verkäufer schließlich damit rechnen, dass der Kaufinteressent den u.U. tiefen Einblick, den er in die Unternehmensinterna erlangt hat, zur Stärkung seiner Wettbewerbsposition ausnutzt. Im deutschen Recht stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer Informationen vorenthalten darf oder sogar muss, bzw. zu welchem Zeitpunkt, in welchem Umfang und in welcher Intensität er Unternehmensinterna gegenüber dem Kaufinteressenten aufzudecken hat.

II. Aufklärungs- und Geheimhaltungspflichten bei der Vornahme einer Due Diligence

1. Gesteigerte Aufklärungspflicht des Unternehmensverkäufers

Deutsche Gerichte haben sich bisher nur in relativ geringem Maße mit Unternehmenskäufen befassen müssen. Die wenigen behandelten Fälle betrafen überwiegend kleinere Unternehmenskäufe und Transaktionen zwischen Einzelkaufleuten. Umso mehr zeigen diese Gerichtsentscheidungen, dass Rechtsstreitigkeiten und entsprechender Beratungsbedarf nicht nur während oder infolge spektakulärer Großtransaktionen mit Transaktionssummen in Milliardenhöhe bestehen, sondern dass diese gerade auch bei Verkäufen mittelständischer oder kleinerer Unternehmen, Steuerberaterkanzleien und Arztpraxen, auftreten. Die vorhandenen Entscheidungen geben immerhin Hinweise auf den Umfang der Verkäuferpflichten, die sowohl bei größeren wie auch bei mittleren und kleinen M&A-Transaktionen berücksichtigt werden müssen. Da bei den Vertragsparteien eines Kaufvertrages widerstreitende Interessen bestehen, statuiert das deutsche Recht für herkömmliche Kaufverträge grundsätzlich keine Rechtspflicht des Verkäufers, den Käufer von sich aus über alle diejenigen Umstände aufzuklären zu müssen, die nur irgendwie für dessen Vertragsschluss von Bedeutung sein können. Andererseits hat der Bundesgerichtshof in der beachtenswerten Entscheidung vom 04. April 2001 (BGH NJW 2001, 2163 ff.=BB 2001, 1167 ff.) speziell für den Unternehmenskauf festgestellt, dass der Verkäufer eines Unternehmens gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Tragweite des Unternehmenskaufs und die erschwerte Bewertung von Unternehmen gegenüber dem Kaufinteressenten eine gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht habe. Bei der Bewertung eines Unternehmens sei der Käufer typischerweise und in erkennbar hohem Maße von der Vollständigkeit und Richtigkeit der ihm erteilten Informationen abhängig. Dies betreffe insbesondere Informationen zur Umsatz- und Ertragslage. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof im Folgenden bestätigt, jedoch auch klargestellt, dass der Verkäufer grundsätzlich nicht über alle für den Kauf erheblichen Umstände aufklären müsse. Es kann festgehalten werden, dass jedenfalls im Hinblick auf wesentliche Umstände des Unternehmens der Käufer nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung eine Mitteilung erwarten kann. Käufer Kaufvertrag Verkäufer Informationsinteresse Gesteigerte Aufklärungs- u. Sorgfaltspflicht des Verkäufers Das mag den Unternehmenskäufer zunächst beruhigen. Aber welche Umstände fallen unter den Begriff der Wesentlichkeit? Genügt der Verkäufer seiner gesteigerten Aufklärungspflicht bereits dadurch, dass er dem Unternehmenskäufer im Rahmen einer Due Diligence Informationen über das Unternehmen erteilt?

2. Beschränkung der Aufklärungspflichten des Verkäufers als Folge der Due Diligence?

Eine Verpflichtung des Unternehmenskäufers zur Durchführung einer Due Diligence besteht aus Perspektive des Kaufrechts nicht. Kann es aber mitunter sein, dass eine vom Verkäufer gewährte und vom Käufer durchgeführte Due Diligence sich für Letzteren nachteilig auswirkt und zwar dergestalt, dass die an sich bestehenden Aufklärungspflichten des Verkäufers beschränkt werden? Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich bisher mit dieser Frage noch nicht auseinandersetzen müssen. Im Schrifttum wird diese Auffassung aber durchaus vertreten. So soll nach Teilen des Schrifttums die Durchführung einer Due Diligence zu einer Reduzierung der bestehenden Aufklärungspflichten des Verkäufers hinsichtlich derjenigen Umstände des Kaufobjektes führen, die die Rechtsprechung in ihrer bereits oben erwähnten Entscheidung BGH NJW 2001, 2163 ff.=BB 2001, 1167 ff. als wesentlich deklariert hat. Träfe dies zu, dann liefe der Käufer Gefahr, sich durch die Vornahme einer Due Diligence, die eigentlich seinem Schutz dienen und den Unternehmenskauf auf eine bessere Informationsgrundlage stattfinden lassen soll, in gewisser Weise selbst zu benachteiligen.

II. Geheimhaltungspflicht des Managements der Zielgesellschaft

Die gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheits- und Geheimhaltungs- pflichten des Managements der Zielgesellschaft (Target) bilden in dem Fall, dass der Kaufgegenstand des Unternehmenskaufs eine Kapitalgesellschaft, also etwa eine AG oder GmbH ist, den Gegenpol zu der oben dargestellten Aufklärungspflicht des Verkäufers und dem Aufklärungsinteresse des Käufers. Käufer Kaufvertrag Verkäufer Informationsinteresse (Anteilseigner des Targets) Verschwiegenheitspflicht Management Target AG/GmbH Gesellschaftsinteresse als Ergebnis der Abwägung von Geheimhaltungsinteresse und Interesse am Verkauf Im Aktienrecht fließt die Verschwiegenheitspflicht des Vorstandes einer AG ganz ausdrücklich aus dem Aktiengesetz. Danach haben Vorstandsmitglieder über vertrauliche Angaben und Geheimnisses der Gesellschaft die ihnen durch ihre Vorstandstätigkeit bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren. Verletzt das Vorstandsmitglied diese Pflicht, so macht er sich schadensersatzpflichtig. Für den Vorstand bedeutet dies, dass er Informationen, an deren Offenlegung der Kaufinteressent im Rahmen der Due Diligence größtes Interesse haben wird, unter Umständen überhaupt nicht an den potentiellen Käufer weitergeben darf. Andererseits wird das Bestehenbleiben des Kaufinteresses und die Kaufbereitschaft des Käufers davon abhängen, dass dieser sich über die wirtschaftliche und rechtliche Verfassung des Targets im Wege einer Due Diligence informieren kann. Es besteht ein Konflikt zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Zielgesellschaft einerseits und dem Interesse des potentiellen Käufers an einer Offenbarung im Rahmen einer Due Diligence andererseits. Dieser Konflikt lässt sich lösen, denn nach herrschender Meinung kann die Pflicht zur Verschwiegenheit dann zurücktreten, wenn die Weitergabe der Informationen gerade auch im Gesellschaftsinteresse der AG liegt. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn für die Gesellschaft die eigene Übernahme einen wirtschaftlichen Vorteil darstellt. Der Konflikt ist im Wege einer umfassenden Interessenabwägung zu lösen. Der Vorstand ist dabei gesetzlich zu einer Einschätzung verpflichtet, ob eine Maßnahme dem Interesse der Gesellschaft entspricht. Bei dieser Einschätzung hat der Vorstand grundsätzlich die Grenzen der im Aktiengesetz verankerten Business Judgement Rule zu beachten. Ist die als Kaufobjekt anvisierte Zielgesellschaft keine AG, sondern eine GmbH, stellt sich auch hier die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der Gestattung einer Due Diligence durch den Geschäftsführer. Dass für die GmbH eine ausdrücklich normierte Pflicht zur Verschwiegenheit fehlt, bedeutet allerdings nicht, dass die GmbH-Geschäftsführer Dritten gegenüber keiner Verschwiegenheitspflicht unterlägen. In allen Phasen Ihres M&A-Deals beraten Sie die wirtschaftsrechtlich spezialisierten Anwälte der TRP Advocates Kanzlei kompetent und umfassend. Das erforderliche Spezial- und Schnittstellenwissen stellen wir Ihnen über unsere Kanzlei  zur Verfügung.
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